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29.05.2024

Wie AK und WKÖ ein Klagsmonopol erhalten wollen - Teil I

Die Umsetzung der Verbandsklagen-Richtlinie hätte bereits bis 25.12.2022 umgesetzt werden sollen. Doch das Match zwischen Grünen und ÖVP dauerte bis von Kurzem. Da hat das Bundes-ministerium für Justiz (BMJ) einen Ministerialentwurf (VRUN) vorgelegt, der mit der ÖVP angeblich akkordiert ist.

Zu diesem Entwurf konnte man bis 27.5.2024 auf der Website des Parlamentes Stellung nehmen.

Der Entwurf ist eine wenig spektakuläre Umsetzung der sehr unbestimmten Richtlinie und es darf bezweifelt werden, dass diese neue Verbandsklage bei Massenschäden für die Verbraucher schneller und effektiver Ansprüche durchzusetzen hilft.

Dennoch gibt es Punkte, die hervorzuheben sind:

- Die bislang bekannte Verbandsklagen nach § 28 ff Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und die Sammelklage nach österreichischem Recht bleiben unberührt. Das ist sehr wichtig, wenn nämlich das neue System an der Praxis scheitern sollte.

- Neben Unterlassungsklagen soll es nun Abhilfeklagen geben, mit denen “qualifizierte Einrichtungen” (QE) bei Massenschäden auf Abhilfe durch Zahlung von Schadenersatz oder andere Ansprüche (Preisminderung bei Gewährleistung, …) klagen können.

Dabei hat der Entwurf die möglichen Rechtsgründe nicht auf jene aus dem Anhang der Richtlinie beschränkt, sondern alle möglichen Rechtsgründe für Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern zugelassen.

Eine Abhilfeklage bedarf bereits in der Klage der Geltendmachung der Ansprüche von 50 Personen. Erst wenn die Durchführung der Klage beschlossen und in der Ediktsdatei veröffentlicht wird, haben Betroffene die Chance - über die QE - sich binnen 3 Monaten anzuschließen (opt-in).

Die Verjährung von Ansprüchen, die angemeldet werden, wird - rückwirkend auf den Zeitpunkt der Klage - gehemmt.

- Bei Unterlassungsklagen wird durch die Klage die Verjährung von  Ansprüche aller, die durch den Sachverhalt der Klage betroffen sind, ohne deren Zutun bis zum Urteil gehemmt.

- Das Handelsgericht Wien soll für alle diese Klagen das allein zuständige Gericht sein.

- Eine ungenutzte Möglichkeit in Umsetzung der Richtlinie ist es, Unterlassungsurteilen Bindungswirkung zwischen den Parteien für nachfolgende Abhilfeverfahren zuzuerkennen. Art 8 Abs 2 a VK-RL sieht vor, dass eine Unterlassungsentscheidung auch eine bindende Feststellung über den erfolgten Verstoß enthalten kann und somit eine spätere Abhilfeklage derselben QE gegen denselben Unternehmer wegen desselben Verstoßes (zB Abhilfeklage auf Rückforderungsansprüche in Folge rechtswidriger Klauseln) zu erleichtern.

Das Fehlen einer diesbezüglichen Regelung ist auch der Prozessökonomie sehr abträglich, da das Zweitgericht im Abhilfeverfahren den Verstoß als Vorfrage neuerlich prüfen müsste (und theoretisch auch zu einer anderen Beurteilung kommen könnte).

Doch die WKÖ wehrte sich verbissen dagegen, dass durch ein Unterlassungurteil oder durch ein Feststellungsurteil vorweg gemeinsame Rechts- und Tatfragen feststehen. Denn dann kämen Unternehmer unter Vergleichsdruck.

Es wäre aber im Interesse sowohl des Unternehmens als auch der Verbraucher, relativ rasch geklärt zu bekommen, ob Ansprüche - gleich welcher Höhe - dem Grunde nach bestehen oder nicht. Die ÖVP dagegen setzt darauf, dass sich solche Verfahren möglichst lange hinziehen und entnervte Verbraucher sich dann mit billigen Vergleichen zufrieden geben.

- Der Entwurf lässt Prozessfinanzierungen durch Dritte zwar zu, versucht diese aber wegen ihres “Gewinninteresses” so zu regulieren, dass Prozessfinanzierer die Lust verlieren sollen, in Österreich Verbraucherklagen zu finanzieren.

Fortsetzung in Blog “Wie Ak und WKÖ ein Klagsmonopol erhalten wollen II”.

Admin - 14:17 @ Verbraucherschutz, Sammelklage, Politik | Kommentar hinzufügen

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